Donnerstag, 29. März 2012

Going through hell


Die Nacht ist noch nicht zuende.

Seht nur, was ich gefunden habe bei meinem Streifen durch die scheinbar unendlichen Weiten des Internets: Das nächtliche Selbstgespräch des Doktor Faust, interpretiert von einem Schauspieler namens Will Quadflieg.


Äußerlich gefällt er mir schon einmal sehr gut. Ein ergrauter Mann, ja das ist unser Faust. Hat seine besten Jahre in staubigen Studierstuben verbracht.
Will Quadflieg spielt wütend, aufgebracht und zornig. Das stimmt sehr gut mit dem Eindruck überein, den ich vom Gelehrten bekommen habe. Es ist nicht Fausts Stil, sich in einer Ecke zu verkriechen und zu trauern, nein! Er verfällt nicht in stumme Depression, sondern er brüllt wie ein verletzer Löwe. Er bleibt nicht auf der Stelle stehen, wenn er auf seinem Weg nicht weiterkommt. Der Weg des Wissens kommt ihm immer sinnloser vor, "weil wir nichts wissen können!" (V.364) und so sucht er nach etwas, was sein Dasein auf eine andere Ebene heben kann, seinem Leben einen neuen Sinn gibt: Die Magie.
Enttäuscht ist er, und unzufrieden. Nichts weltliches kann ihn befriedigen (V.304-307). Anstatt auszugehen und die Nächte durchzufeiern, hat er - gelernt (V.387-389). "Gähn" kann ich, die Personifikation des lasterhaften Vergnügens, dazu nur sagen.
Faust raucht der Kopf von all dem unnützen Wissen, das er sich angeeignet hat (V.396). Er versinkt in Dingen, die ohnehin nur als Staubfänger dienen (V.405-409). Das richtige Leben will er kennenlernen! Abenteuer erleben (V.464-465)!
Gottgleich will Faust sein, doch da spielen die Geister nicht mit (V.512-513).
Doch trotz allem Zweifeln, aller Wut über seine Situation, kann Faust den letzten Schritt nicht tun. Den letzten Schritt, das ist, das Gift zu nehmen und zu sterben. Osterlicher Engels-Gesang holt den Gelehrten wieder ins Leben zurück. "Die Träne quillt, die Erde hat mich wieder!" (V.784)


Alle Versangaben beziehen sich auf die Reclam-Ausgabe von "Faust - Der Tragödie erster Teil" geschrieben vom werten Johann Wolfgang von Goethe.

Sonntag, 25. März 2012

The devil takes care of his own


In der Nacht

Ich habe es ja bereits erwähnt, unser Herr Faust ist ein ganz schön armes Schwein. Rackert sich ab und bekommt doch nichts dafür. Denkt er. Denn ihm ist das Beste noch nicht gut genug.
Solange hat er studiert, nur um zu merken, dass ihn Wissen nicht unbedingt klüger macht (V.354-359). 10 Jahre bringt er seinen Studenten etwas bei, von dem er weiß, dass es ihnen nichts bringt (V.361-364). Das nenne ich Einsicht! Doch schon schwingt Faust wieder in Selbstbeweihräucherung um: Er weiß zwar, dass niemand etwas wissen kann, hält sich aber für den Klügsten von all den Unwissenden (V.366-367). Keine Zweifel, behauptet er, plagten ihn (V.369). Also, sein ganzes Schaffen in Frage zu stellen, das würde ich doch als "Zweifeln" bezeichnen.
Was mir an seinem nächtlichen Selbstgespräch am besten gefällt, ist dieser Ausspruch: "Fürchte mich weder vor Hölle noch vor Teufel" (V.369). Faust, als wenn du wüsstest, was die Hölle ist. Als wenn du wüsstest, was oder wer der Teufel ist. Am meisten Angst musst du sowieso vor dir selbst haben. Und wer sagt, dass der Herr dir wohlgesinnt ist? Wahrscheinlich ahnst du nicht einmal, dass dieser mit deinem Schicksal würfelt.
Doch weiter im Text: Mit Magie will Faust es versuchen, auf dass sie ihm DIE Einsicht verschafft (V.378). Sonst noch was? Ich könnte dir da eine kleine Einführung in die Welt der Magie geben:


Nein, Spaß beiseite. Schließlich geht es hier um ein menschliches Wesen, das tief verzweifelt nach einem erfüllten Leben sucht. Doch keine Sorge, Faust, ich werde dir behilflich sein bei deiner Suche nach dem Glück. Auch wenn es nur kurz andauern wird.


Alle Versangaben beziehen sich auf die Reclam-Ausgabe von "Faust - Der Tragödie erster Teil" geschrieben vom werten Johann Wolfgang von Goethe.

Samstag, 24. März 2012

Ein Treffen mit dem Herrn

Auch der Herr hasst den Teufel nicht (FAUST I, V.336-337). So begibt es sich, dass wir von Zeit zu Zeit zusammenkommen, Nettigkeiten und konstruktive Kritik austauschen. Doch dieses eine Mal ging es ein wenig weiter als das. Die Sprache fiel auf den Gelehrten Faust. Die Menschheit ist ein geplagter Haufen (FAUST I, V.280), geknechtet von Vernunft (FAUST I, V.285-286), das ist eine Tatsache. Sie strampelt sich ab (FAUST I, V.286-292); seit Jahrhunderten ist es dasselbe. Doch mit Faust steht es noch schlimmer. Er ist getrieben und mit nichts, was er mit seinem gelehrten Verstand erreichen kann, zufrieden (FAUST I, V.304-307). Der Herr nennt ihn seinen "Knecht" (FAUST I, V.298) und das trifft es ziemlich gut. Er denkt, er kann aus ihm und seinem intellektuellen Potenzial irgendwann einmal einen Nutzen schlagen (V.310-311). Doch Faust will seine Ernte jetzt! Ich kann mir schlecht vorstellen, dass er nach Jahrzehnten gequältem Erdendasein als beispielsweise des Herren himmlischer Geschichtenerzähler enden will. Dafür wird er sich mit seiner Ausbildung wahrscheinlich auch überqualifiziert vorkommen.
Ich weiß nicht mehr, wer auf die Idee gekommen ist, auch wenn es wahrscheinlicher ist, dass ich es war: Eine Wette zwischen dem Himmel und der Hölle, zwischen dem Herrn und mir wurde geschlossen. Der Herr ist fest davon überzeugt, dass ein guter Mensch nicht vom rechten Weg abgebracht werden kann (FAUST I, V.327-329). Dass ich nicht lache! Das wird ein leichtes Spiel für mich. Bei diesen Vorraussetzungen kann ich nur gewinnen. Kein Mensch kann der Versuchung widerstehen, die der Teufel ihm anbietet. Besonders nicht der mit seinem Leben unzufriedenste von ihnen. Faust, mach dich auf etwas gefasst!

Alle Versangaben beziehen sich auf die Reclam-Ausgabe von "Faust - Der Tragödie erster Teil" geschrieben vom werten Johann Wolfgang von Goethe.

Zueignung

Das hat sich der Herr von Goethe ja schön überlegt. Dem werten Dichter reicht es nicht aus, die Ereignisse niederzuschreiben, die sich um den Gelehrten Faust und meine Wenigkeit drehen. Alles zwischen Himmel und Hölle, zwischen Liebe und Sehnen, Wissenschaft und Magie ist Gegenstand dieses menschlichen Dramas! Doch Goethe hat ein derart starkes Selbstempfinden, dass er das Stück in der Einleitung mit seinen eigenen Emotionen "bereichern" muss.
Doch nicht alles, was er in seiner "Zueignung" schreibt, ist gefühlsduseliger Pathos und Kitsch. Auch wahre Worte kann er sprechen: .
Die Mensch erlebt das Leben in einem "Wahn" (FAUST I, V. 4), in dem er "irrt" (FAUST I, V. 24). Doch hat er die Möglichkeit, wirklich glücklich zu sein, dann ist er "erschüttert" (FAUST I, V. 7). Der Mensch schauert (FAUST I,V. 29) und weißt nicht, wie ihm geschieht.
Das hier ist die Geschichte von Faust. Erzählt von mir, Mephistopheles.